Flüchtlingsunterbringung: Arroganz der Macht
11. Dezember 2015 von Thomas Hartung
Mit diesem Tenor publizierte die AfD-Stadtratsfraktion Dresden heute ihre Kritik an der Verweigerung des Rederechts von mir durch die RGRO-Mehrheit gestern abend im Stadtrat. Auch wenn die Verweigerung mit 30 zu 29 Stimmen knapp ausfiel und keine Begründung zu erfolgen brauchte, hat Fraktionschef Stefan Vogel völlig Recht: wer die Meinungsfreiheit beschränkt, zerstört die Demokratie. Die Linken vertiefen durch ihr Verhalten, das Bürgerbeteiigung ad absurdum führt, die Gräben, die die Bürgerschaft Dresdens in der Flüchtlingspolitik teilen, immer mehr.
Da ich mir eine weitere Ablehnung im Januar nicht geben muss (unsere Strategie wird dann eine andere sein) und die Vorlagen sowie die Redner andere sein werden, stelle ich hier meine Reden zu den geplanten TOP 12 (Unterbringung Containersiedlung Washingtonstraße) sowie 15 (Anmietung Immobilien Großenhainer Straße) zur Verfügung, damit der Kontext nicht verloren geht. Der Stand entsprach dem 10.12.2015, 13.30 Uhr. Meinungen dazu sind gern gesehen.
1) Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
sehr geehrte Damen und Herren,
am Dienstagabend stellte Oberbürgermeister Hilbert im Ortsbeirat Pieschen das vor, was er für ein „Konzept“ für den Standort Washingtonstraße hielt. Viele Bürger fühlten sich von seinen Ausführungen – euphemistisch gesagt – nicht ernst genommen. Doch arbeiten wir uns mal Schritt für Schritt zum Wesentlichen vor:
Dass jetzt sogar die Grünen das Containerkonzept des Oberbürgermeisters kritisieren und – hört, hört – eine Vergleichsrechnung zu den Kosten der Unterbringung zu dem Satz aufmachen, der für Hartz-IV-Empfänger angesetzt wird, sei hier nur erwähnt.
Dass der Verein für Deutsche Schäferhunde nach einem Jahrzehnt vor dem Aus steht und eine Entschädigung sowie ein Ausgleichsangebot ebenfalls als zusätzlicher Antrag unter 11. zur Vorlage eingebracht werden mussten, ist nur das oberflächliche Phänomen. Dass die privat geschaffenen Werte im hohen fünfstelligen Bereich – saniertes Vereinsheim, Zaun, Flutlichtanlage – verloren sind, dass mit dem Verein in dünkelhafter, juristisch fragwürdiger Weise umgegangen wurde, ja dass damit auch das Training für Wachschutz- und Polizeidiensthunde torpediert und damit die eigene Sicherheit abgegraben wird, interessierte den Oberbürgermeister nicht.
Dass bislang kein kommunaler Vertreter mit den Betroffenen – angrenzende Kleingärtner, Gewerbetreibende etc. – geredet hat und diese Selbstverständlichkeit als zusätzlicher Antrag unter 12. zur Vorlage eingebracht werden musste, ist nur das oberflächliche Phänomen. Dass vor allem die teilweise seit Jahrzehnten ansässigen Kleingärtner massive Verluste ihrer Lebensqualität, aber auch ihrer Grundstücksqualität befürchten und sich viele mit Kündigungsgedanken tragen, interessierte den OB nicht. Ebenso wenig nahm sich Oberbürgermeister Hilbert den Sicherheits- und Umsatzbedenken der umliegenden Mittelständler an. Die Befürchtungen der Übigauer, die ihr gewohntes Tages-, Freizeit- und Wochenendverhalten massiv gestört sehen, sieht Oberbürgermeister Hilbert auch nicht: direkt neben dem Areal liegt bspw. eine Bushaltestelle, die auch von vielen Schülern genutzt wird. Wenigstens hat der Ortsbeirat im Sinne der Bürgerinitiative „Wir sind Übigau“ die Ziffer 10 der Vorlage so verändert, dass die Sporthalle Thäterstraße wieder zügig ihrer originären Verwendung zugeführt werden soll. Dass da aus der Garantiebelegung von 59 jetzt 78 Plätze geworden sind und die Initiative für die Washingtonstraße ähnliche Steigerungen befürchtet, soll Randnotiz bleiben.
Nein, stattdessen wurden Stichworten wie Vermüllung oder Lärmbelästigung durch die erwartet 75 % jungen Männer das Konzept eines „Erwachsenenspielplatzes“ entgegengesetzt – das ist kein Witz, schauen Sie sich den Lageplan, Anlage 1 an.
Was dagegen interessiert den Oberbürgermeister? Die Integration der jungen Männer. Und jetzt wird es sportlich: Da prophezeit Herr Hilbert tatsächlich, dass bis zu 15 % der Flüchtlinge sofort, die Hälfte nach 5 und 70 % nach 10 Jahren in den lokalen Arbeitsmarkt zu integrieren sind – ob das übrigens Flüchtlinge, Migranten, Asylsuchende, Geduldete oder tatsächlich anerkannte Asylbewerber sind, wurde an keiner Stelle unterschieden. Abgesehen von der völlig falschen Relevanz – es interessieren die 85 %, die nicht sofort integriert werden können, denn die sind der Kostenfaktor – sollte Herrn Hilbert mal jemand über den Bundestagsauftritt von Andrea Nahles am 10. September berichten. Nach deren Worten bringt nicht einmal jeder Zehnte die Voraussetzungen mit, um in eine Arbeit oder Ausbildung vermittelt zu werden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung spricht von „allenfalls acht bis zwölf Prozent im ersten Jahr“.
Vielleicht legt auch mal jemand Herrn Hilbert das Interview der ZEIT mit dem Bildungsökonomen Ludger Wößmann vom 3. Dezember vor. Dort lesen wir: syrische Achtklässler hinken im Mittel fünf Schuljahre hinter etwa gleichaltrigen deutschen Schülern hinterher. Dort lesen wir weiter: zwei Dritteln der jungen Syrer, die nach internationalen Bildungsstandards als funktionale Analphabeten gelten müssen, wird die nötige Ausbildungsreife für die hiesigen Betriebe fehlen. Und dort lesen wir auch: zwei Drittel der Asylbewerber aus allen Kriegsländern haben keine berufsqualifizierende Ausbildung, nur 10 % der Flüchtlinge sind Akademiker. Weitere Quellen liefere ich gern.
All das ficht Oberbürgermeister Hilbert nicht an. Was sagt er stattdessen: „Die Prognosen der Integration beruhen auf den Erfahrungen mit den Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung.“ Das muss man erstmal sacken lassen.
Selbst der CDU-Wirtschaftsrat warnte jüngst in einem Positionspapier: „Die soziale Sprengkraft einer hohen Zahl schlecht in Beschäftigung und Gesellschaft integrierter Immigranten ist gewaltig.“ Also muss vor jedem Integrations- ein Sicherheits- und Betreuungskonzept stehen. Meine Frage nach dem Sicherheits- und Betreuungskonzept für die Washingtonstraße ließ der Oberbürgermeister unbeantwortet. Den verfehlten Bezug zu den Ostdeutschen wollte Herr Hilbert auch nicht klar stellen, ausräumen oder sich gar dafür entschuldigen, sondern bezeichnete meine Forderung danach als „Pöbelei“. Soviel zum lokalpolitischen Debattenniveau.
Es scheint, dass sich Oberbürgermeister Hilbert nicht dem Wohl der Dresdner Bürgerschaft verpflichtet fühlt, sondern dem Wohl anderer.
Im Interesse Dresdens lehnt die AfD diese Vorlage ab. Vielen Dank.
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2) Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
verehrte Stadträte,
sehr geehrte Damen und Herren,
dass in einem der Gebäude eine junge Familie „vergessen“ wurde, wie Dresdner Medien titelten, und jetzt erst eine gemeinsame Lösung gesucht wird, die der Ortsbeirat als Zusatzantrag aufgeben musste – geschenkt.
Dass die Stadt jenseits jedes Pieschener Mietspiegels dem horrenden Mietpreis zustimmt, der die Mietpreisentwicklung in Dresden weiter anheizen wird, sei ebenso nur erwähnt wie die Gefahr, vor der vorgestern unser MdL Detlef Spangenberg warnte, nämlich dass Vermieter Hartz-4-Empfänger auf die Straße setzen, weil mit Asylbewerbern deutlich mehr Geld zu verdienen ist.
Dass dieses Procedere jede Mietpreisbremse ad absurdum führt – auch geschenkt. Hier aber zeigt sich, wie die chaotische Asylpolitik die Bevölkerung spaltet in wenige Profiteure und viele Verlierer. Gewinner der Asylkrise ist vor allem die Asyllobby, bestehend aus Sozialarbeitern, Hilfsdiensten, Heimbetreibern und Eigentümern von Schrottimmobilien. Verlierer ist der Rest der Bevölkerung, die mit den Zuwanderern um bezahlbaren Wohnraum, Kinderbetreuung, Jobs und kulturelle Vormacht konkurrieren muss – bei gleichzeitig steigenden Sozialabgaben und Steuern, um diese unkontrollierte Zuwanderung zu finanzieren.
Dass mir der Oberbürgermeister auf meine Nachfrage, für welche Wohnungen wie viele Prämien flossen, die Antwort verweigerte – ebenfalls geschenkt, dass kannte ich ja schon.
Dass – wie für den Standort Washingtonstraße – keinerlei Sicherheits- und erst recht kein Betreuungskonzept vorgelegt wurde und wenigstens letzteres als Zusatzantrag an einem Standort beschlossen werden musste, dem ein Gymnasium genau gegenüber liegt – auch geschenkt.
Nicht aber geschenkt, was Ortsbeirat Thomas Bergmann (FDP) dem Oberbürgermeister öffentlich vorrechnete. Teilt man nämlich den laufenden Aufwand von 257.256 Euro durch die angegebenen 1.276 qm, ergibt sich statt der 10 Euro ein Preis von 13,74 Euro. Was ist hier passiert? Nach Akteneinsicht unseres Fraktionsvorsitzenden scheint die qm-Zahl zu stimmen. Bleiben als Alternativen: entweder sind die Wohnungen mit Marmorbädern, güldenen Armaturen und Kristalllüstern ausgestattet – dann wäre dieser qm-Preis vielleicht zu vertreten; oder seitens der Stadtverwaltung liegt ein simpler Rechenfehler vor?
Hier wurde der Oberbürgermeister durch einen Ortsbeirat seiner Partei am Nasenring durch die Manege geführt! So sieht es mit seinem Rückhalt aus!
Diese Vorlage ist ein weiterer Mosaikstein, der die Verstetigung der Unzulänglichkeiten beweist, die die Stadtverwaltung in der Flüchtlingspolitik an den Tag legt. Da niemand die Ursache des Fehlers kennt, kommt ein Änderungsantrag nicht in Frage. Aufgrund ihrer Fehlerhaftigkeit ist die Vorlage eigentlich zu vertagen, zu korrigieren und zur nächsten Sitzung erneut vorzulegen – ansonsten ist auch sie abzulehnen. Danke.