DJV: Dann schließt mich doch aus!
9. November 2018 von Thomas Hartung
Ich bin nun seit fast zwei Dutzend Jahren Mitglied im Deutschen Journalisten Verband DJV. Kein Wunder als Gründungsredakteur dreier mitteldeutscher Privatsender (zweimal Radio, einmal Fernsehen) und langjähriger Journalistenausbilder, der auch heute noch als Freier schreibt. Umso entsetzter nehme ich die „Dresdner Erklärung“ des DJV-Verbandstags zur Kenntnis, laut der es nicht vereinbar sei, gleichzeitig Mitglied des DJV sowie einer politischen Partei zu sein, welche die Pressefreiheit und die ungehinderte Ausübung des Journalistenberufs einschränken will.
Das Entsetzen wird durch die Relativierung des DJV-Sprechers Hendrik Zörner im MDR nicht geringer: „Die Erklärung richtet sich nicht nur gegen die AfD – aber auch“; sie richte sich gegen alle extremistischen Parteien. Extremismus beginne laut Zörner, wenn die in der Verfassung garantierten „Grundrechte nicht mehr gewährleistet sind“.
Abgesehen davon, dass in keinem unserer Europa-, Bundes- oder 16 Landtagswahlprogramme irgendetwas zur Einschränkung der Pressefreiheit oder zur ungehinderten Ausübung des Journalistenberufs steht: die Relativierung bedeutet im Umkehrschluss, dass gegenwärtig die in der Verfassung garantierten Grundrechte im Rahmen unserer Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung FDGO gewährleistet seien. Das ist ein Witz, denn genau das sind sie nicht, und genau darum gibt es die AfD, ja muss es sie geben.
Juristische Zumutungen wie Hass-Kommentare oder Fake News als gesetzlich ungedeckte Straftatbestände haben nichts mit Freiheit zu tun, sondern sind das Gegenteil: totalitärer Zwang zur Anpassung. Das hatten wir schon mal, das wollen wir nie wieder! Soziale Zumutungen wie die Diskreditierung von Mitbürgern als „Pack“, die Allozierung ganzer Landstriche als „Schandfleck“ oder gar die Reklamierung von Toleranz gegenüber allem und jedem bei gleichzeitiger Intoleranz gegenüber Andersdenkenden haben nichts mit Demokratie zu tun, sondern sind Ausdruck einer selbstgerechten, autoritären Monarchie, die die Spaltung ihres Volks vorantreibt.
Vor allem aber zeugen politische Zumutungen wie hunderttausende ungeordnet eindringende Schutzsuchende, vor denen unsere Frauen Schutz suchen müssen, nicht von Grundordnung, sondern von Grundchaos, das überdies seit Herbst 2015 unsere Verfassung mit Füßen tritt. Sowohl Udo di Fabio bereits 2016 als auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags 2017 haben nachgewiesen, dass die pauschale und massenhafte Einreisegestattung nicht mehr vom § 18 Abs. 4 Nr. 2 AsylG gedeckt ist. Hans-Jürgen Papier, Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sprach 2016 von einem „eklatanten Politikversagen“sowie von „rechtsfreien Räume bei der Sicherung der Außengrenzen“ – noch nie sei in der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik die Kluft zwischen Recht und Wirklichkeit so tief und inakzeptabel wie derzeit.
Ein Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz urteilte 2017 im Falle einer Vormundschaft für einen aus Gambia stammenden jungen Mann, dass der sich der „unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik“ strafbar gemacht habe, aber: „Die rechtsstaatliche Ordnung in der Bundesrepublik ist in diesem Bereich jedoch seit rund eineinhalb Jahren außer Kraft gesetzt“, befanden die Richter, „und die illegale Einreise ins Bundesgebiet wird momentan de facto nicht mehr strafrechtlich verfolgt.“ (Az.: 13 UF 32 / 17). Wer all diese Fakten nicht akzeptiert, ja ignoriert, gar negiert, muss sich den Vorwurf der Filterblase, ja der Parallelwelt gefallen lassen. Oder den Vorwurf, den Merkelschen Plan, aus Illegalität Legalität zu machen, ohne Einordnung zu affizieren.
Insofern ist die AfD, erstens, die Partei, die gegenwärtig als einzige in Deutschland die FDGO vom Kopf auf die Füße stellen will. Dass der überwiegende Teil der Journalisten das nicht bzw. genau andersherum bzw. gar nicht sieht und sich als Verkünder von Wahrheiten aufspielt, deren Evidenz allein auf legislativen und ansonsten oft herbei fabulierten Argumenten beruht – Stichworte Nazi-Demos und Hetzjagden in Chemnitz -, wollen diese Journalisten nicht sehen oder können es gar nicht mehr, wie jüngst die Dresnder Podiumsdiskussion mit Kai Gniffke und Peter Frey bewies.
Bereits in der Februar-Ausgabe des „Cicero“ 2016 erschien ein Interview mit Peter Sloterdijk, in dem der Philosoph zu Rolle und Selbstverständnis von Journalisten dekretierte, dass die „Verwahrlosung im Journalismus, die zügellose Parteinahme allzu deutlich hervor“ trete. Schließlich der Satz, in dem alles Gesagte gipfelte: „Der Lügenäther ist so dicht wie seit den Tagen des Kalten Krieges nicht mehr.“ Dass einzelne AfD-Gliederungen, zweitens, nicht (mehr) bereit sind, in diesem Lügenäther zu atmen oder gar zu seiner Stickigkeit beizutragen, darf da niemanden verwundern.
Ich habe in meiner Zeit als Landessprecher mit allen Kollegen, einerlei ob im DJV organisiert oder nicht, ein professionelles Verhältnis gepflegt. Ich habe mich gegen den Ausschluss des SZ-Reporters beim Parteitag 2017 in Klipphausen ausgesprochen. Und ich bin als Landessprecher der Alternativen Mitte um genau das bemüht, was die „Dresdner Erklärung“ thematisiert: extremistische Tendenzen aus der AfD hinauszudrängen und sie in genau jener nationalkonservativen bürgerlichen Mitte zu halten, aus der heraus ich sie im April 2013 in Sachsen mitgegründet habe.
Dennoch werde ich als Mitglied dieser Partei des Extremismus in genau dem Modus geziehen, den Journalisten uns vorwerfen: dem der Pauschalisierung und Generalisierung. Damit begibt sich der DJV auf das Niveau der Frankfurter Eintracht, die zwei AfD-Mitgliedern die Aufnahme in den Verein versagte; des ASB, der der AfD-Bundestagsfraktion einen Erste-Hilfe-Kurs verweigerte; oder der AWO, die Bundesvorstand Guido Reil ausschloss. Ganz zu schweigen vom Verdi-Bezirk Süd-Ost-Niedersachsen, der in einer Mobbing-Fibel für den „Umgang mit Rechtspopulisten in Betrieben und Verwaltung“ schon im März 2017 Maßnahmen auflistet, die Gewerkschafter „im Falle des Auftretens von AfDlern oder anderen Rechtspopulisten“ ergreifen sollen, darunter Isolation und Denunziation. Die DDR feiert fröhliche Urständ.
Ein Richtungswettstreit, ein Nebeneinander verschiedener Gesellschaftsentwürfe, ja eine Systemdebatte sind unverzichbar für eine Gesellschaft. Kontroversen sind keine „Spaltung“, sondern wichtigste Schubkraft der Demokratie. Eine harmonisierte ist letztlich eine totalitäre Gesellschaft.
Tja, liebe Kollegen, da bleibt mir wohl nur, euch aufzufordern: Dann schließt mich doch aus!
Dr. Thomas Hartung war Mitbegründer der AfD Sachsen, zweimal stellvertretender Landesvorsitzender für Presse/PR und ist heute Landessprecher Sachsen der Alternativen Mitte.
Respekt, Herr Dr. Hartung!
DAS System ist nur auf LÜGEN und Desinformation aufgebaut. Die Fabel von demokratischer Rechtsordnug ist seit 1990 nur noch Makulatur
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Ich bewundere Ihren Mut. Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.
Gäbe es doch noch viele solcher Menschen. Aber leider sind die Deutschen vollkommen blind.
Zunächst mal Respekt für Ihre großartige Haltung, Herr Dr. Hartung.
Mich kommt bei all dem das Gruseln an. Wie rasend schnell sich die Verhältnisse verhistorisieren. Die Verfahren sind genau die altbekannten, von denen wir geglaubt haben, sie kämen nie wieder.
Es sieht so aus, als wenn ein Teil der Deutschen und deren Eliten sich wieder einmal nach nur 70 Jahren einer uns zerstörenden Ideologie anschließen und unterwerfen.
Wir sind aber noch nicht am Ende des Tals der Tränen, wir haben noch schier Undenkbares vor uns, gegen das wir uns stemmen müssen. Es hilft nichts, wir müssen es meistern.
Da gibt es nichts zu ergänzen. Das ist die Wahrheit. Aber leider sind alle Beteiligten befangen und haben bei Abweichungen von der Hofberichterstattung mit Nachteilen zu rechnen. Aufrechte unabhängige Journalisten haben es z.Z. schwer . Pressefreiheit ist ein hohes Gut, nur hängt sie an den Besitzverhältnissen . Große Medienkonzentrationen unterminieren die Demokratie.