Menschen statt Banken: für demokratiekonforme Märkte.
30. April 2013 von Thomas Hartung
Ich habe mich nun nach einiger Überlegung entschlossen, mich nochmals politisch zu engagieren. Seit Sonntagvormittag bin ich stellv. Landesvorsitzender der AfD und ihr Pressesprecher, seit Sonntagabend Listenkandidat. Über die Gründe schreibe ich hier nicht (das würde zu lang). Mit einer Ausnahme: ich finde das Adjektiv „alternativlos“ eins der erbärmlichsten und semantisch missbräuchlichsten der deutschen Sprache. Eine von „marktkonformer Demokratie“ schwafelnde Kanzlerin, die es verwendet, signalisiert dadurch: „Ich bin visionslos“. Was wir benötigen, sind aber „demokratiekonforme Märkte“. Und da die sich nicht selbst herzustellen scheinen, muss der menschliche Geist nachhelfen. Dazu aber braucht man nicht nur denselben, sondern muss ihn auch gebrauchen wollen. Und das setzt voraus, Alternativen zu suchen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, ja diese Auseinandersetzung zu befördern und zu den Menschen zu tragen.
Nur wenige Beispiele: Was mit Banken möglich ist, haben die Isländer bewiesen, was mit Managergehältern, versuchen gerade die Schweizer zu beweisen. Wie „Flexicurity“-Arbeitsmarktpolitik gehen kann, lebt uns Dänemark vor. Wie praktikable und funktionable Bildungspolitik aussehen kann, zeigt uns Finnland. Und in Bhutan wird Wohlstand nicht durch Wirtschaftswachstum definiert, sondern Glück als Staatsziel in der Verfassung verankert. Für Deutschland stellen sich all diese Fragen nicht???
Wer die Realität ausblendet, indem er den Armutsbericht schönt, wer keinen Blick mehr hat für Rentenunsicherheit, Altersarmut und soziale Zerbröselung aufgrund zunehmender Ungerechtigkeit (oder letzteres als „Neiddebatte“ diskreditiert), hat sich selbst ad absurdum geführt. Der formale Akt dazu muss am 22. September folgen. Gerade mal 3,4 Millionen Menschen in Deutschland sind direkte Aktienbesitzer. Es ist unnötig, den überwältigenden Rest der Republik tagtäglich mit den „Märkten“ zu konfrontieren, die nichts weiter sind als die Sorgenkurven der Gierigen. Wie kämen 78 Millionen dazu, sich für das Wohlergehen von 4 Millionen dumm und dusslig zu schuften? Menschen statt Banken, Punkt.
Da Schul- und vor allem Hochschulbildung in der AfD bisher noch wenig vertieft wurden, werde ich mich vor allem darum kümmern. Wir müssen in unseren Hochschulen den statusbegründenden quantitativen „Immer-Mehrismus“ (mehr Publikationen, mehr Drittmittel…) abschaffen zugunsten qualitativer Maßstäbe, denn: das Meiste ist nicht das Beste. Die Forschungsförderung muss verändert und transparenter gemacht werden: nicht die schönste Antragslyrik darf entscheiden. Und vor allem muss Forschung mit jenen Wissenschaftlern betrieben werden, die ihre Befähigung dazu nachgewiesen haben – es kann nicht sein, -zig Qualifikationsarbeiten zu „betreuen“ und dann die jungen Doctores auf der Straße stehen zu lassen – das betrifft auch und erst recht die Betreuungsstandards: Plagiate müssen wirksam unterbunden werden, Hochschulen dürfen nicht für besonders viele Doktoranden mehr Geld aus der leistungsorientierten Mittelvergabe bekommen.
Das setzt allerdings ein striktes Leistungsprinzip voraus: wer promovieren darf, muss nicht nur zu den Besten, sondern zu den Allerbesten gehören, aus denen sich dann auch der wissenschaftliche Nachwuchs rekrutiert. Wieso brauchen wir zehnmal so viele mäßige Doktoranden als später Professuren zu besetzen sind? Daneben muss das Gießkannenprinzip der Titelvergabe unterbunden und stattdessen der Titel wieder zu dem aufgewertet werden, wofür er stand: kein BA- oder FH-Professor mehr ohne abgeschlossene Promotion, das muss auch für private Hochschulen gelten.
Für einen gesunden Mittelbau mit – wie in Westeuropa üblich – höchstens einem Drittel unbefristete Stellen – und mit Mindesthonoraren: es kann nicht sein, dass eine sächsische Hochschule eine befristete Dozentur mit einer TVöD 11 ausschreiben darf, d.h. die Übernahme professoraler Aufgaben um zwei Stufen schlechter bezahlt wird als die Tätigkeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, ja sogar schlechter als jeder Lehrer. Und wir müssen den Hochschulen das Recht einräumen, selbständig ein Diplom für jene Studiengänge (wieder) einzuführen, bei denen sich ein nur sechssemestriges Bachelorstudium einerlei aus welchen Gründen nicht bewährt hat.
Außerdem brauchen wir bundesweit einheitliche Bildungsstandards, orientiert an den besten Schulsystemen Deutschlands. Wer aus Hamburg nach Sachsen zieht oder aus Sachsen nach Hessen, muss in seiner Klassenstufe ohne Probleme den Anschluss schaffen können. Wir brauchen eine finanzielle Aufwertung des Lehrerberufs, um die Bedarfslücke zu decken, verbunden mit praxisnäherer Ausbildung. Es kann nicht sein, dass es in Sachsen wichtiger ist, sonntags Auto zu waschen, aber wochentags zu wenige Lehrer zu haben und 10 Prozent des Unterrichts ausfallen zu lassen. Und wir wollen ein Familiensplitting, damit die Familien auch die Mittel behalten, ihre Kinder optimal zu betreuen und auszubilden. Um zu vermeiden, dass einkommensschwache Familien durch ein Splitting nominal weniger entlastet werden als einkommensstärkere, muss die Progressionsformel geändert und der Steuersatz mit steigendem Einkommen stärker angehoben werden.
Natürlich werde ich mich bei entsprechenden Themen auch in der Medien- und Kulturpolitik engagieren, bspw. beim unsäglichen Geschwafel der Drosselkom. Und natürlich verweigert sich die Alternative auch keiner Idee anderer Gruppierungen, die ja immer mit der Keule des Machtkalküls drohen, selbst wenn diese Idee Mehrheiten fände. Wichtig ist nicht, wer etwas sagt, sondern dass es gesagt wird.
Ich danke allen Unterstützern und freue mich auf neue Herausforderungen.