ASA-Editorial 11-2017
31. März 2017 von Thomas Hartung
Liebe Mitglieder, Förderer und Freunde der AfD Sachsen, liebe Leser;
wir müssen, mal wieder, über St. Martin Schulz nachdenken. „Die SPD feiert Martin Schulz inzwischen wie eine Groupie-Truppe ihren Popstar – kreischend und völlig ergeben“, textete Ex-Focus-Chef Wolfram Weimer jüngst anlässlich eines Parteitags-Wahlergebnisses von 100 Prozent – das schaffte nochmal nicht Honi. Aber die SPD hat mit Schulz so ein doppeltes Problem. Zum einen hängt sie die Messlatte für ihn sehr hoch (zu hoch?), zum anderen legt sie ihr Schicksal ultimativ in die Hände eines Einzelnen. Weimers 5-Punkte-Katalog, weswegen Schulz überschätzt werde, ist eine hervorragende Argumentationshilfe für uns, weshalb er hier kurz zusammengefasst werden soll.
1) das Altlasten-Problem als EU-Spitzenpolitiker – da hat er wohl ein wenig zu tief für sich und seine Getreuen in EU-Taschen gegriffen: Tage- und Sitzungsgelder, rechtswidrige Beförderungen und Sonderzahlungen, kurz „dreiste Vetternwirtschaft“. Schulz hat es als EU-Parlamentspräsident auf die höchste Verdienstsumme gebracht, die je ein deutscher Politiker aus Steuergeldern erhalten hat – rund 280.000 Euro jährlich netto. Ein großer Mann für den „kleinen Mann“?
2) das Bilanz-Problem als jahrzehntelanger EU-Parlamentier, Fraktionsvorsitzender und/oder Parlamentspräsident: er verkörpert die EU der vergangenen Jahre wie kaum ein anderer. Aber: in seine Verantwortungsjahre fallen Migrationskrise, Schuldenkrach, Brexit & Co. Für Europafreunde ist er unglücklich gescheitert; für Europafeinde die Verkörperung der bürgerfernen, selbstgefälligen Bürokraten-EU.
3) das Glaubwürdigkeits-Problem als Revisor von Gerhard Schröders Agendapolitik, die er einst als historische Großtat feierte. Jahrelang lobte er auch die (inzwischen gescheiterte) Wirtschaftspolitik des französischen Sozialisten Hollande, jetzt bejubelt er den wirtschaftsliberalen Macron, da der in den Umfragen plötzlich vorne liegt. Auf dem Davos-Gipfel attackiert er Hollands Premier Rutte als Europa-Kritiker, nach dessen Wahlsieg fühlt er sich mit ihm als Sieger gegen den Rechtspopulismus. Bei Arbeitgebern redet er wirtschaftsfreundlich, bei Gewerkschaften plötzlich wirtschaftskritisch… das alles ist nicht stimmig.
4) das Positionierungsproblem als EU-Parlamentspräsident, der damals lautstark unpopuläre Positionen vertrat: Griechenland-Transfers, Eurobonds, nicht zuletzt die europaweite Einlagensicherung, die deutsche Sparguthaben kollektivieren und ins offene Risiko stellen würde. Auch in der Sicherheits- und Migrationsfrage stand Schulz lange für eine Politik der Grenzöffnung und für die Aufnahme der Türkei in die EU. Da aber die entgleiste Migration zur zentralen Frage der deutschen Politik geworden ist, wird Schulz seine Position dazu nur schwer justieren können. Seine soziale Akzentuierung sorgt außerdem dafür, dass er sich einerseits als Kritiker der eigenen SPD-Regierungserfolge in ein Dilemma bringt, andererseits als Vaterlandskritiker da steht, was einem Kanzlerkandidaten eher schadet als nützt.
5) das Opportunitätsproblem als „lupenreiner Populist“ (WELT), „cleverer Opportunist“ (Deutschlandradio) oder „gigantische Phrasendreschmaschine“ (STERN). Für seine Kritiker mobilisiert er Ängste, weigere sich aber in vielen Fragen, konkret Positionen zu beziehen, um Widerstände zu vermeiden: er bade lieber in Emotionen und trockne sich im Ungefähren. „Dem bösen Wörtchen ‚überschätzt‘ wird er bald etwas Tragbares entgegensetzen müssen“, bilanziert Weimer völlig richtig, meint
Mit freundlichen Grüßen. Ihr
Dr. Thomas Hartung
Stellv. Landesvorsitzender