ASA-Editorial 25-2017
31. Juli 2017 von Thomas Hartung
Liebe Mitglieder, Förderer und Freunde der AfD Sachsen, liebe Leser;
wir sollten über Kunst nachdenken. Oder besser: das, was uns die „Dokumenta 14“ in Athen und Kassel als solche verkaufen will. Ich habe zwei Tage meines Urlaubs dafür geopfert und übertreibe nicht, wenn ich schreibe: selbst die Kunstausstellungen der DDR waren unpolitischer. Ich übergehe die Ursachen, warum das so werden konnte, wie es ist, und nehme eine Bestandsaufnahme vor. Die wird auch noch schlimm genug.
„Wir hoffen, dass die Documenta 14 einer von vielen Schritten sein wird auf dem Weg in eine Welt, in die wir leben wollen“, schreibt der Kurator Adam Szymczyk über seine Schau. Diese Kunsterfahrung solle „der Versuch einer ganz neuen Existenzweise“ werden. Cathrin Lorch meint prompt eine sanfte Utopie zu erkennen, einen exterritorialen Ort, „an dem die Künste und die Künstler miteinander arbeiten, ausstellen und feiern“ und an dem „weder Kunststile noch Gattungen von Belang“ seien.
Das sehe ich nun komplett anders: es ist allein die gutmenschliche Aussage, die zählt – „richtige“ Inhalte statt stimmige Formen. Und diese Aussage, die nicht herausfordert, sondern einengt, schreckt selbst vor der Feuer-Metapher nicht zurück: die vom Fridericianum wabernden Qualmwolken, das Kunstwerk „Expiration Movement“ hat der 1968 in Bukarest geborene Künstler Daniel Knorr eigens für Kassel entworfen. Ich übersetze sie mit „Krieg“ – ein gewaltsamer, durchaus unartifizieller Prozess, vor dem viele flüchten… und der genau darum auch die Fluchtorte heimsucht. Der Rauch – ein Menetekel. Krieg, Flucht/Vertreibung, Nichtankunft/Unbehaustheit, und auch Ungewolltsein – viele Objekte haben leider mit Propaganda zu tun, mit Slogans, mit griffigen Motiven von Karikaturisten als mit Kunst, die ihr Gewicht und ihre Bedeutung eigentlich daraus schöpfen sollte, dass sie frei ist.
Dabei spielten Betrachterperspektive, Windrichtung und Wetter eine interpretative Rolle, da sich je nach Lage andere Assoziationen eröffneten: „Manchmal wird das Fridericianum von Weitem vielleicht aussehen wie ein industrieller Bau, eine Fabrik. Das ist ja auch passend, die Documenta ist ein Ort der Kunstindustrie. Natürlich erinnert der Rauch auch an Vorgänge wie die Bücherverbrennung der NS-Zeit – in Kassel wurde die Reichskristallnacht geprobt, da liegt es nicht fern, daran zu denken. Auch die Krematorien der Vernichtungs- und Konzentrationslager waren nicht weit entfernt.“ Da war es also heraus.
In der SüZ durfte sich Kia Vahland mäßig aufregen: „Die Documenta interessiert sich herzlich wenig für Gegenargumente, nicht einmal zu dem Zweck, sie zu widerlegen… Man kann auch durch Nichtinformation manipulieren. Wer alle Autoritäten abschafft, inszeniert sich selbst als letzte Instanz. Die Documenta in Kassel erreicht diesen Effekt mit gezielter Einseitigkeit in der Präsentation. Frühere Ausgaben verstanden unter politischer Kunst die Dokumentation des Weltzustandes, man erfuhr viel über Hafenarbeiter in Südafrika oder die Wohnungsnot von Hurrikanopfern. Sie zeigten, was in der Aufmerksamkeitsökonomie der Massenmedien öfter mal zu kurz kommt, subjektive Berichte vom Leben der anderen. Anteilnahme aber genügt den Kuratoren diesmal nicht, jetzt geht es um Parteinahme.“
Dem ist wenig hinzuzufügen. Kaum ein Objekt, das mich ad hoc ästhetisch ansprach. Kaum eine Fotografie, die durch Komposition, Licht oder Tiefenschärfe begeisterte. Kaum ein Bild, das durch Idee, Farbe oder Technik betörte. Statt dessen Plakativität, Simplizität – und, noch gar nicht erwähnt, Gigantismus, der manchmal monumental, manchmal monströs wirkt. So steht auf dem Platz vor dem Fridericianum das größte Kunstwerk der Gegenwart: die Argentinierin Marta Minujin hat dort mit tätiger Mithilfe vieler Kasseler einen „Parthenon of Books“, einen Akropolis-Tempel aus Büchern aufgeschichtet. Das Besondere: nur Bücher, die irgendwo auf der Welt zensiert waren, durften verbaut werden. Darunter waren Texte aus der ehemaligen Sowjetunionm aber auch Mickey Mouse (in der DDR verboten) – und natürlich die Werke, die bei den Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten ins Feuer geworfen wurden, womit sich der Kreis zum qualmenden Fridericianum schließt.
Was bleibt? Die Hoffnung auf die nächste Dokumenta – ohne Ideologie und ohne Flüchtlingsvordergrund, der selbst vor Stacheldraht als Kunstobjekt nicht Halt macht, meint
Mit freundlichen Grüßen, Ihr
Dr. Thomas Hartung
Stellv. Landesvorsitzender