Jugendliebe – nicht von Ute Freudenberg
18. Februar 2018 von Thomas Hartung
Sehr geehrte Frau Gastmann,
nachdem ihr Text „Jugendliebe“ wenigstens bei Facebook nur begeisternde Kommentare hervorrief, geb ich hier gern mal den Spielverderber.
Ich finde es schon unverfroren, sich auf Jutta Resch-Treuwerth oder gar Tamara Danz – die armen können sich nicht wehren und rotieren im Grab!!! – zu beziehen, obwohl die nie von irgendeiner binationalen Beziehung gesungen bzw. geschrieben haben. Oder fanden Sie bei irgendeiner Junge Welt-Kolumne eine Beziehung zwischen einer ostdeutschen Frau und einem algerischen, vietnamesischen, mosambikanischen… Mann thematisiert? Und die erbärmliche Unterstellung, dass die AfD Tamara Danz nicht kenne, sagt zum Glück mehr über ihr Weltbild aus als über die AfD.
Ich finde es aber vor allem hanebüchen und volksverdummend, dass Sie als Lehrerin (auf den Job hatte ich in der DDR auch erfolgreich studiert und ein Jahr darin gearbeitet) die kulturellen Unterschiede der Nationen Syrien und Deutschland derart oberflächlich auf „Psychologie“ reduzieren! Diese „Doku“ gaukelt den Zuschauern eine heile Welt vor, und Sie verteidigen sie auch noch. Zu einer umfassenden Beschäftigung gehört neben dem Bericht über die Romanze aber auch, auf die damit zusammenhängenden Probleme hinzuweisen. Wer mit bestimmten Wertvorstellungen aufgewachsen ist und nicht bereit ist für ein Leben in Europa und dazu, die hiesigen Werte und Regeln anzunehmen und zu leben, für den sind früher oder später Probleme vorprogrammiert: Unterschiede in der Stellung der Frau in der Ehe, die Einschränkung ihrer persönlichen Freiheiten, die Abhängigkeit ihrer Bewegungsfreiheit von der Zustimmung des Mannes, das „Eigentum“ an den Kindern, all das ist mit Tatsachen belegt. Es gibt Insider-Autoren, die darüber berichtet haben. Eine öffentliche Debatte darüber wird nicht nur vermieden, sondern, wie hier bei Ihnen zu lesen, euphemisiert. Das ist ein Unding und erinnert mich an genau die Propaganda, die ich 1990 überwunden glaubte!
Dann: eine 16-jährige Deutsche ist mit einem syrischen Flüchtling zusammen, wobei zum Handlungszeitpunkt das Verhältnis der beiden laut Redaktion bereits länger als ein Jahr andauerte. Das Alter des Syrers wurde mit 17 angegeben und später in mehreren Schritten auf 19 und 20 nach oben korrigiert. Dabei gibt es nicht erst seit dem Tötungsdelikt im pfälzischen Kandel im Dezember berechtigte Diskussionen über Altersangaben minderjähriger Flüchtlinge. Das hätte dem Sender bewusst sein müssen. Nach dem mutmaßlichen Mord ging der Ärger über den Kika-Film los, Diskussionen über die ARD-Berichterstattung zur Kandeler Tat trugen dazu bei. Falls Sie das näher interessiert: eine ARD-kritische Position bietet Birgit Gärtners „Telepolis“-Beitrag. Aber dieser Fakt findet bei Ihnen gar nicht statt!
Der Erfurter Stadtrat Hans Pistner (CDU) übrigens sah durch die Produzenten der Sendung den Straftatbestand laut Paragraf 180 des Strafgesetzbuches erfüllt und mutmaßt in seiner entsprechenden Anzeige, dass der Mann deutlich älter sei. Darauf lasse zum Beispiel dessen Körperbau schließen. Auch der Fakt findet bei Ihnen nicht statt!
Dann: das „Like“ des Syrers auf der Seite des Salafistenpredigers Pierre Vogel. Wieso verzichtete der Hessische Rundfunk (HR) aus „Sicherheitsgründen“ auf die Ausstrahlung eines mit Diaa gemachten Interviews über die Umstände des Likes? Woher wusste der Syrer aus Aleppo vom deutschen Islamisten Pierre Vogel? Warum „bewarb“ er sich auf dessen Facebook-Seite für eine doch offensichtlich ernsthafte und nichttouristische Reise nach Mekka, wie sie Vogel seit Jahren anbietet? Dabei ist noch gar nicht der arabische Eintrag unter einem Foto erwähnt, das Diaa auf einer Kanone zeigt. Laut HR lautet die Übersetzung „Ich werde bewirken, dass alle Deutschen zum Islam konvertieren“ und sei „als Scherz gemeint“. Soso.
Und letztens: die These, den Einfluss des Fernsehens auf heutige Kinder zu überschätzen, da YouTube und andere Kanäle längst übernommen hätten. Was der Unterschied zwischen den Bewegtbildern der genannten Medien sein soll, wissen wahrscheinlich nur Sie allein. Und was die Wirkung nicht nur nonfikationaler Bewegtbild-Formate betrifft, empfehle ich Ihnen neben Manfred Spitzers Texten gern die in der folgenden Literaturliste.
Dabei bleibt unberücksichtigt, dass sich der Sender im Januar weitere Pikanterien leistete. So wurden unter dem Motto „Geht nicht gibt’s nicht“ ein Film gezeigt, in dem Jugendliche den Verschluss eines BHs an einer Schaufensterpuppe öffnen, von denen mindestens zwei nicht als Bio-Deutsche zu identifizieren waren; und auf der KiKa-Homepage ein Busen-Memory-Spiel „Brüste! Brüste! Brüste!“ sowie zwei „Fremdsprachen-Spickzettel“ zu den Themen: „Brüste und Vagina international“ sowie „Penis und Hoden international“ angeboten. Mit solcherart Kenntnissen ausgestattet, steht dann der Beziehung zwischen den schon länger hier lebenden Frauen und den schutzsuchenden Männern nichts mehr im Wege. Aber für Sie ja längst Normalität. Welche Parallelwelt lässt da grüßen.
Fazit: sie haben einen erbärmlich versimplifizierenden und dabei manipulierenden Text verfasst, der das Narrativ des „guten Flüchtlings“ bedienen und sämtliche negativen Aspekte ausblenden will. Eine kleine publizistische Inhaltsanalyse der letzten Monate ergab, dass sich Frauen von „rechten“ deutschen Männern trennen – und ihr Herz für Flüchtlinge entdecken sollen: der moderne Nanny-Journalismus nimmt absurde Züge an. Genau da ordnet sich ihr Pamphlet ein. Verstärkt wird dem uneinsichtigen Bürger mit Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise, bei Strafe sozialer Ächtung, nicht mehr nur vorgeschrieben, wie und was er zu denken, sondern auch, wie und was er zu fühlen hat. Viele Medien sind dabei fast durchgehend zu einer Art von staatlich gelenktem Erziehungsprogramm geworden. In George Orwells „1984“ ist es bezeichnenderweise das „Ministerium für Liebe“, dessen Gedankenpolizei für Recht und Ordnung sorgt und Menschen auf Parteilinie „umdreht“.
In Deutschland sind es teilweise anonymisierte Erzählungen teilweise in der Tradition des „narrativen Journalismus“ über Beziehungen, die entweder an politischer Unvereinbarkeit scheitern sollen oder trotz kultureller Unterschiede gelingen und fruchtbar sein müssen: ich verweise nur auf den ZEIT-Text „Eine neue deutsche Kleinfamilie“, den Akif Pirincci einer vernichtenden Kritik unterzog. Einem entsprechenden Plakat der DAK wird im Netz gar institutionalisierte Kuppelei vorgeworfen. Die Kehrseite derselben Medaille ist, dass die Beschreibung von Gewalttätern gegen Frauen in vielen Medien, u.a. in der Stuttgarter Zeitung oder der WAZ, ohne „südländische“ Tätermerkmale auskommt, obwohl sie die Polizeiberichte eindeutig nennen.
Der große Leipziger Neorealist Neo Rauch bringt die irrationale Fehldrift Deutschlands in einem SPIEGEL‐Interview auf den Punkt: „Die, die rational sind, bilden eine Minderheit. Sie sind mit dem Wasser der Aufklärung gewaschen, und dieses Bad ist nicht jedem zuteilgeworden, und es ist auch in seiner Wirkung nicht bei allen nachhaltig. Wider besseres Wissen verneigen sich große Teile, vor allem der Linken, vor einer frauenverachtenden, todesverliebten Wüstenreligion. … Ich als Romantiker möchte jetzt wieder in das Lager der Aufklärung wechseln, da ich feststelle, dass dort offenbar ein Personalmangel herrscht.“
Ich auch.
Mit verhältnismäßig freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Hartung