„Wir beziehen eine klare Position“
23. Oktober 2018 von Thomas Hartung
Hannes Schrader hat ein Problem: er hält sich für rassistisch. „Warum liebe ich nur weiße Frauen“, fragte der Journalist jüngst seitenlang auf Zeit online. Ob seine Partnerwahl wohl auf einen „aversiven Rassismus“ folgern lasse, mutmaßt er schier verzweifelt mittels vieler soziologischer Zitate wie „Wenn privilegierte, als weiß gelesene Personen immer nur mit privilegierten Weiß-Gelesenen Kinder bekommen, verfestigen sich Machtstrukturen“. Der bemerkenswerte Schluss lautet: „Vielleicht tut es sogar meiner Karriere gut, öffentlich darüber zu schreiben, ob ich mich rassistisch verhalte.“
Das ist kein Witz. Ein Kommentator fragt sich, ob solch kruder, verkopfter „Zwang zur politisch korrekten Selbstzerfleischung wirklich echt“ sein kann. Ein anderer findet es eher rassistisch, sein Beziehungsleben „mit ein paar exotischen Frauen“ aufzupeppen. „Irgendwann erreichen Debatten einen Punkt, an dem man sie nicht mehr ernst nehmen kann“, ärgert sich ein Dritter. Und für User(in?) „Celsiana“ verbleibt als einzige Lösung:
„Die Angleichung der Menschheit in gleichaussehende, gleichduftende, gleichverdienende Sexualwesen mit funktionsgleichen Sinnesorganen und gleichgeschalteten Verhaltensprogrammen…“.
Man kann Schrader natürlich auch einen Besuch in Dresden empfehlen. Nicht wegen Schlagzeilen wie „Seit Pegida auf der Straße ist, zeigt Alltagsrassismus in Sachsen hemmungslos seine hässliche Fratze“, die n-tv Anfang Mai 2016 textete und anhand derer er ja praktische Feldstudien zur Beantwortung seiner Frage hätte betreiben können. Sondern wegen der Ausstellung „Rassismus. Die Erfindung von Menschenrassen“, die noch bis Anfang Januar 2019 im Hygienemuseum zu sehen ist.
Dass die Schau damit automatisch in einen aktuellen Diskurs eingreift, ist Museumsdirektor Klaus Vogel klar. Er gibt sofort zu, dass es dabei um „ein über die Jahrhunderte erprobtes, anscheinend in der Natur des Menschen liegendes nachweisbares Ausgrenzungssystem“ geht. Sie sei aber „kein Remedium gegen tagespolitische Problemlagen“ und solle „nicht als Veranstaltung gegen Anhänger von Pegida oder der AfD verstanden“ werden, beteuert Vogel in der Süddeutschen Zeitung.
„Inder haben schon ein geringeres Talent“
Die ca. 400 Exponate erscheinen zunächst als Selbstreflektion über die eigene Vergangenheit: Seit der Gründung 1912 gab es im Haus, das zur gesundheitlichen Aufklärung beitragen sollte, eine Abteilung für Rassenhygiene. 1933 wurde es zum Propagandainstitut der Nationalsozialisten, zeigte nun Unterrichtstafeln über die „Vererbung von Minderwertigkeit“ und die „Vererbung hoher Begabung“, medizinische Wachsmodelle, mit denen Sterilisierungsmethoden gelehrt, und Schädelgussformen, mit denen angebliche „Rassentypen“ bestimmt werden sollten – einige davon sind nun wieder öffentlich. Sonderausstellungen damals hießen „Volk und Rasse“ (1934) oder „Blut und Rasse“ (1936).
Die aktuelle Schau meint anhand gesicherter Fakten biologistische Denkmuster zu rekonstruieren und zu rationalisieren. Erstes Manko: Sie beginnt explizit erst im 18. Jahrhundert. Hintergrund seien „zum einen die europäische Expansion, die dann schon ziemlich fortgeschrittene Entdeckung fremder Völker außerhalb Europas, und andererseits der Anspruch der damaligen vorherrschenden Aufklärungsphilosophie, die eigentlich ein Gleichheitspostulat war“, erklärt Historiker Christian Geulen im DLF.
Die Losung „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, mit der von Frankreich ausgehend das „Volk“ die politische Bühne betritt, verheißt Emanzipation – aber nicht für alle, erst recht nicht für die 29 Millionen Menschen, die vom 16. bis 19. Jahrhundert aus Afrika nach Amerika verschleppt und als „Stück-Ware“ nach Alter, Größe und Unversehrtheit für den Verkauf katalogisiert wurden.
Unerwähnt bleibt dabei leider der Prozess, den Tidiane N’Diaye in seinem Buch „Der verschleierte Völkermord – Die Geschichte des muslimischen Sklavenhandels in Afrika“ (Reinbek 2010) beschrieb: Den Weg jener Afrikaner, die von arabischen Händlern in Richtung Osten, nach Asien, verschleppt wurden. Saudi-Arabien hat die Sklaverei erst 1962 abgeschafft. Die Opfer waren ausnahmslos schwarze Afrikaner, die Täter ausnahmslos Händler aus dem arabisch-islamischen Raum von Marokko bis Ägypten oder von der arabischen Halbinsel. War das auch Rassismus, und wenn nein, warum nicht?
Untersetzt wird die Begriffsgeschichte mit Zitaten und anthropologisch deutbaren Büsten bspw. von Voltaire, der schon 1755 in seinem Essay „Über den Geist und die Sitten der Nationen“ schrieb: „Die Rasse der Neger ist eine von der unsrigen völlig verschiedene Menschenart. Man kann sagen, dass ihre Intelligenz nicht einfach anders geartet ist als die unsrige, sie ist ihr weit unterlegen.“
Auch der Übervater der Aufklärung Immanuel Kant fehlt nicht, der 1802 in seiner Vorlesung über „Physische Geographie“ dozierte: „In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Race der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“
Als Urheber der politischen Rassenidee gilt der französische Diplomat de Gobineau, der 1853/54 in seinem vierbändigen „Essay über die Ungleichheit der Menschenrassen“ verkündet, „dass jede Zivilisation von der weißen Rasse stammt, dass es keine Zivilisation ohne die Einwirkung dieser Rasse geben kann“. Für diese „Ur-Rasse“ nutzte er mit als erster den von der Romantik u.a. durch Schlegel in den sprachwissenschaftlichen Diskurs eingebrachten Begriff „Arier“. Ihre Vormachtstellung und damit die Welt drohe unterzugehen durch die ständige „Vermischung des Blutes“. Dass eine Kultur für ihre Reinhaltung kämpfen müsse, um zu überleben, lautet deshalb sein „primäres Rassengesetz“.
Breiten Raum nimmt das 20. Jahrhundert mit den Schlagworten Kolonialismus, Antisemitismus und Alltagsrassismus ein. Verhandelt werden etwa Rudolf Virchows per Anthropometer ermittelte Deutschlandkarte zur „Verteilung von Rassenmerkmalen bei Schulkindern“, Felix von Luschans „Hautfarbentafel“ und viele andere Artefakte von der Kriminologie bis zur Kultur, darunter Haarfarben- und Glasaugenmuster ebenso wie mit physiognomisch semitischen Klischees designte Handpuppen.
Im DLF, übrigens Medienpartner der Ausstellung, wird einerseits die bis heute gängige Herkunftspraxis in den USA diskutiert: der Zensus dort fordert jeden auf, seine „Race“ oder „Ethnicity“ selbst zuzuschreiben – Black, White European, Hispanics… „In Amerika ist Race ein Begriff, der eine von allen Menschen irgendwie empfundene soziale Realität abbildet, die aber für jeden Menschen anders aussehen kann, und Sie können sich im Zensus auch mehreren Kategorien zuordnen, Sie können sich auch gar keiner Kategorie zuordnen, und die Kategorien würden jetzt uns hier in Deutschland sehr überraschen“, muss die deutsche Anthropologin Veronika Lipphardt eingestehen.
Auch für Schrader beschreibt „weiß“ keine „messbare Hautpigmentierung“, sondern eine soziale Zugehörigkeit: Ein Mensch, „der aufgrund seines Aussehens im Alltag eher keine Rassismuserfahrungen macht“. Wer als „weiß“ zählt, sei nicht streng definiert, sondern kontextabhängig. In welchen nichtrassistischen Kontexten man heute bspw. gemeuchelte südafrikanische „weiße“ Farmer sehen müsste, diskutiert Schrader selbstredend nicht. Übrigens gelten derzeit gerade acht Prozent der Weltbevölkerung als „weiß“, das nur nebenbei. Warum machen wohl so wenige so vielen Angst? Lipphardt lehnt andererseits jede neue Rassismusdebatte ab, wie sie etwa im März 2018 durch den Harvard-Genetiker David Reich wieder aufkam:
„Man kann sich noch so viel Mühe geben, bestimmte biometrische Daten zu erheben und zu messen, die Interpretation der Ergebnisse wird immer sehr nahe an Bewertungen sein.“
„Rasse würden selbst Rassisten nicht mehr benutzen“
Und hier liegt, zweites Manko, die Crux der Schau, die Kuratorin Susanne Wernsing ebenfalls im DLF unerwartet offen auf den Punkt bringt: „Der Hintergrund ist, dass wir das so beschreiben, dass es zuerst den Rassismus gibt und Rassenkonstruktionen, wie sie dann wissenschaftlich im 18. Jahrhundert erfolgen, eine nachträgliche Legitimierung für Rassismus liefern könnten.“ Der aufmerksame Hörer kann nur verblüfft feststellen, dass die wahrnehmungspsychologischen Schemata von Gruppierung und Klassifizierung aufgrund bestimmter Merkmale wie bspw. der Hautfarbe nachträglich mit dem Begriff „Rasse“ ideologisch begründet worden sein sollen. Für Wernsing kein Widerspruch: „Wir sehen Unterschiede zwischen Menschen und glauben, Rassen zu erkennen. Der Begriff der Rasse diente nie nur dazu, Unterschiede zu beschreiben. Er war immer mit einer Wertung verbunden“. Furcht und Faszination als gängige Narrative bis heute.
Die Abteilungsleiterin Wissenschaft/Veranstaltungen des Museums, Susanne Illmer, versteigt sich im DLF gar zu dem Satz: „Aber auch die Ablehnung von bestimmten Kulturen, Ethnien und Religionen ist Rassismus“. Den Begriff „Rasse“ würden selbst Rassisten nicht mehr benutzen.
Naika Foroutan, wie manche anderen linksgrünen Politiker Kuratoriumsmitglied der museumseigenen Stiftung (die einige Journalisten offenbar übersahen) und Autorin einer ausstellungsbegleitenden Publikation, argumentiert ebenso und führt damit, ohne es wie Illmer zu bemerken, die wissenschaftliche Intention der Ausstellung ad absurdum:
„Die Vorstellung der Sozialwissenschaften ist, dass es auch einen ‚Racism without race‘ gibt. Also die Vorstellung, dass man das genetisch/genomisch wie auch immer codieren muss, überhaupt irrelevant ist… Das heißt, die Homogenisierung und danach Abwertung, in dem man Hierarchien bildet, ist ein Konzept, das wir in den Sozialwissenschaften sehr viel weiter dokumentieren können.“
Foroutan war übrigens in der Sarrazin-Debatte schon durch die „wissenschaftliche Behauptung“ aufgefallen, dass fast 90% der türkischstämmigen Berliner Schüler gut Deutsch könnten.
„Wir beziehen eine klare Position. Gegen Rassismus. Aber allzu pädagogisch oder gar belehrend soll das Gezeigte nun auch nicht daherkommen“, rückt Wernsing das Anliegen der Schau in eine politisch korrekte Perspektive. Es ist jedoch, drittes Manko, genau dieses Changieren zwischen Biologie und Ideologie, Wissenschaft und Politik, Stereotypisierung und Stigmatisierung, das den kritischen Besucher aus zwei Gründen zwischen Ratlosigkeit und Ärger pendeln lässt: wegen der thematischen Ausblendungen bis zum 18. Jahrhundert und wegen des Modus, die Ausstellung doppelt kuratieren zu lassen.
Ausgeblendet bleiben zunächst die protorassistischen Wurzeln des Rassebegriffs, die auf der Biologisierung sozialer Unterschiede vor allem in uralten indischen Kastensystemen, aber auch der antiken Sklaverei basieren. Ausgeblendet bleiben auch die mythisch-religiösen mittelalterlichen Traditionen vor allem der iberischen Halbinsel, wo bspw. in den „Estatutos de limpieza de sangre“ („Statuten von der Reinheit des Blutes“, erstmals Toledo 1449) das „Jüdische“, „Islamische“ oder „Christliche“ zur inneren Essenz des Menschen und die Religionszugehörigkeiten zu unüberwindlichen Schranken erklärt wurden. Hier spielt auch der Stammesgedanke hinein, wie er im 2. Buch Mose zuerst auftaucht.
Diese Statuten gelten einigen Autoren in Deutschland nicht nur als Vorwegnahme der Mischehendebatte im Reichstag 1912, ja der Nürnberger Rassegesetze 1935, sondern der tscherkessischstämmigen Publizistin Nekla Kelec aus entgegengesetzter Perspektive als aktuell gültig für den Islam: „Der Einzelne ist per Geburt Muslim, wie ein anderer große Ohren oder blonde Haare hat. Wenn nicht, macht ihm der Islam das Angebot, diesen menschlichen Makel durch Übertritt zu tilgen“, konstatiert sie schon 2009 in der taz.
Und weitgehend ausgeblendet bleiben auch die Klassifizierungsversuche, die 1666 mit Georgius Hornius begannen, der die Menschheit getreu der Abstammung von den drei Söhnen Noahs in Japhetiten (Japhet – Weiße), Semiten (Sem – Gelbe) und Hamiten (Ham – Schwarze) gliederte. 1684 kategorisierte der Franzose François Bernier die Menschen anhand äußerer Merkmale wie Hautfarbe, Statur und Gesichtsform in mehrere ungleich entwickelte Rassen. Beide Ansätze führte der schwedische Naturforscher Carl von Linné zusammen, in dem er die Menschheit so simpel wie eingängig in die vier Hautfarbentypen „Weiße“, „Gelbe“, „Rote“ und „Schwarze“ einteilte und jeweils einem Kontinent zuordnete.
„Für sie ist Rassismus kein Phantom“
Das Museum entschied sich ebenfalls dagegen, Bilder nackter Menschen zumal aus Afrika auszustellen, Schnappschüsse sogenannter „Völkerausstellungen“ zu zeigen oder auch „rassistische Witze“ zu dokumentieren. Geschuldet ist das vor allem einer Leerstelle, die Böswillige selbst rassistisch nennen könnten: Die Ausstellungsmacher waren zunächst alle „weiß“.
Erst als das Ausstellungskonzept schon stand, fiel Direktor Vogel seine „Rassismusfalle“ auf. Deshalb habe das Museum – „wenn auch sehr spät“ – Künstler, Autoren und Aktivisten eingeladen, „die über Fach- und Erfahrungswissen“ verfügen, schrieb die Kommunikationswissenschaftlerin Natasha A. Kelly im Ausstellungskatalog süffisant.
Solcherart Erfahrungsverengung – nämlich dass eine Ausstellung über Rassismus scheitere, wenn sie nicht von Betroffenen konzipiert werde – gleicht fremdinduzierter Selbstzensur und ist vor allem als Abkehr vom Universalismus und als Hinwendung zum Fragmentarismus anzusehen, wonach die Gesellschaft irgendwann nur noch aus separierten Opfergruppen besteht, die sich gegenseitig misstrauen und an keine gemeinsame Zukunft mehr glauben. Zur Erinnerung: Kelly prägte im Tagesspiegel den legendär falschen Satz „Die Belichtungstechnologie wurde für weiße Haut entwickelt“.
Im Rahmen von Workshops wurde zunächst der Titel der Schau gekippt: „Rassismus. Ein Phantom.“ Vogel rechtfertigt das: „Die waren völlig empört. Für sie ist Rassismus kein Phantom, wenn sie morgens in den Bus steigen und angepöbelt werden“. Danach aber ging es an die Substanz.
Dass nicht nur Opfer-, sondern auch Widerstandsgeschichten Diskriminierter etwa per Video erzählt werden sollen, ist als Ergänzung gern zu akzeptieren. Plastische Interventionen wie zusätzliche Beschriftungen für manche Exponate, die Unkenntlichmachung vieler Abbildungen im Katalog und einzelne Eingriffe in die Ausstellung wie etwa Verhüllungen oder auch Zusätze sind dagegen mehr als diskutabel.
Der drastischste Zusatz: ein kleiner Kasten, in dem Kellys Haare hängen – lange, schwarze Dreadlocks. Nach Kellys Erfahrung würden die wegen ihres exotischen Aussehens bei vielen Weißen den Impuls wecken, sie zu berühren – was im Fall des Ausstellungsstücks mit einem akustischen Signal quittiert und der Besucher also stigmatisiert wird. Auch das Exotische, so die Botschaft, werde als etwas „Anderes“ empfunden und reproduziere so rassistische Klischees. Klingelte es auch an Kellys Kopf, wenn sie einen weißen Partner hätte?
Oder: Mit einer Gussform eines „dinarischen Schädels“ wollten die Kuratoren die „populäre Rassenkunde der 1920er und 1930er Jahre“ illustrieren. Die Ergänzung lautet: „Die Deutschen zwangen afrikanische Frauen, die Köpfe ihrer ermordeten Männer mit Glasscherben vom Fleisch zu befreien. Die Häupter ihrer Liebsten […] Für eure Wissenschaft, für eure Museen. Für eure Keller, in denen sie liegen. Bis heute.“ Und wer soll mit „eure“ (mit)gemeint sein?
Solcherart eindeutige Politisierung einer behauptet nicht tagespolitisch intendierten Schau inmitten einer politisch aufgeladenen Stadt kann nur zu Missverständnissen führen. Einerseits werden heute alle induktiven, subjektivistischen Wahrnehmungs- und Verarbeitungsmechanismen, kriminalistisch-ironisch auch „Einzelfälle“ genannt, glorifiziert.
Andererseits vermittelt die Ausstellung mit fast jedem Objekt die Botschaft, dass jedwede Quantifizierung und Klassifizierung in Bezug auf Menschen – einerlei aufgrund welcher Merkmale, erst recht denen von Hautfarbe, Kopfgröße oder Augenform – unzulässig sei – obwohl auf dem Willen zu sinnvoller Unterscheidung, auf systemischen Klassifizierungs- und Valorisierungsmechanismen alle deduktive Wissenschaft beruht.
Als auf dem Höhepunkt der AIDS-Debatte jeder Sexualpartner als potentiell infiziert gefürchtet werden sollte, sprach auch niemand von „Generalverdacht“. Wenn heute jede Supermarkt-Kassiererin jeden Kunden akribisch alles auspacken, anheben oder vorzeigen lässt, was er im Einkaufswagen hat, spricht erst recht niemand von Generalverdacht. Daneben verallgemeinert jedes Curriculum Bildungsfähigkeiten, jede Krankenkasse Erkrankungen, jeder Versicherer Versicherungsfälle… das sind völlig normale Vorgänge.
Fremdenskepsis = Fremdenabwertung = Fremdenfeindlichkeit = Rassismus, so der offenbar museal beabsichtigte Schluss gleichmacherischer Wahrnehmung. So etwas aber ist unwissenschaftlich und kann, ja darf nicht Anliegen einer Ausstellung sein. Wie postete doch Boris Palmer, der grüne Stuttgarter Oberbürgermeister, auf Facebook: „Gambische Asylbewerber haben so gut wie nie einen Anspruch auf Asyl, aber eine auffällige Schwierigkeit, mit unseren Gesetzen zu leben“. Na so ein Rassist.