Je Großvater, desto Surfer?
26. März 2011 von Thomas Hartung
Auf meinen Doktorvater lasse ich nichts kommen: er war schon immer anders als die anderen, und das wollte auch in der DDR was heißen. Ein ebenso geistreicher wie ruheloser Querdenker, dessen Mutter 105 Jahre alt wurde, dessen Töchter ungewöhnliche Beziehungen leben und dessen eigenwillige Handschrift die Unleserlichkeit der meinen entschieden beeinflusst hat. Vielleicht muss das so sein: er ist Wassermann. Aber jetzt hat er mich doch geschockt.
Er, der seine Briefe immer noch per Schreibmaschine verfertigt und Fehler dann handschriftlich korrigiert, eröffnete mir in seiner heutigen Post, dass er zum 85. Geburtstag – einen Laptop geschenkt bekam. Seine in der Welt verstreuten studierenden Enkelinnen könnten dann besser Kontakt halten: per Mail. Nach entsprechender familiärer Unterweisung könne er auch google, wikipedia usw. nutzen – aber er mache das kaum. Der Grund: er pflegt lieber seine aus einer Reha geflüchtete Frau.
Soso. Die jüngere Generation technifiziert die ältere, um die globale Kommunikation zu bessern. Die ältere Generation wiederum lebt der jüngeren vor, dass lokale Interaktion unter technischem Verzicht auch bessernd sein kann. Und ich überlege schon eine ganze Weile, wie sich der integrative Sinn des einen Aspekts zum emotionalen des anderen verhält. Aber allein die Tatsache, dass ich beides aufeinander zu beziehen versuche, sollte mir vielleicht zu denken geben…